Im Februar kommt ein stattlicher Mann zu Frau Lorenz auf den Tannenhof. „Wachsen bei Ihnen auch krumme Bäume?“
„Ich denke schon,“ antwortet sie „es wachsen immer welche, die Niemand sich in die Weihnachtsstube stellen will.“ „Also stehen die schon länger und sind groß und kräftig?“ fragt der Mann. Er trägt einen großen Koffer bei sich.
„Ja,“ sagt sie „ich denke, ich habe da was, wonach sie suchen.“ Sie führt ihn ganz gezielt zu PlanOhr. Der Mann steht begeistert vor ihm.
„Du bist genau der Richtige für mich. Dich will ich haben! Aus dir mach ich was ganz Feines, was ganz Besonderes!“
Er öffnet seinen Koffer, seine Hand gleitet zärtlich über das mitgebrachte Schmuckstück – seine Hochleistungsmotorsäge.
„Ich will aber nicht abgesägt werden,“ schreit PlanOhr „Lasst mich hier stehn!“ Doch sein Schreien ist umsonst, es geht unter im Aufheulen der gewaltigen Maschine. Sie wird an PlanOhrs „Krump“ angelegt und frisst sich in Sekundenschnelle tief in seinen Stamm. Keine vier Minuten später liegt PlanOhr am Boden.
Es kommt noch schlimmer. Die schützende Rinde wird entfernt, der Stamm der Länge nach halbiert. Wie auf dem Schlachthof geht es zu! In diesem kläglichen Zustand, nackt und zerteilt, wird PlanOhr aufgebahrt und mit einem Schleppkarren abtransportiert. Vorn geht stolz der „Sägenmann“, am Ende gefolgt von Frau Lorenz. PlanOhrs Leidensweg endet vorläufig in einer dunklen Halle. „Hier wird es dir gut gehen. Ich decke dich schön mit einer Plane ab, so kannst du in Ruhe trocknen, mein Lieber,“ flüstert der Mann PlanOhr zu. Er fühlt, wie dessen starke Hand sanft über seine glatten, kalten Stammhälften streicht. Ihn schaudert’s.
Was hat er bloß mit mir vor?
Fortsetzung folgt …